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Erfolgsfaktor: Organisationale Resilienz

Was Haniel und Puky über Resilienz in Familienunternehmen verraten.

Familienunternehmen gelten gemeinhin als besonders widerstandsfähig. Inmitten von Krisen, wirtschaftlichen Umbrüchen oder geopolitischen Unsicherheiten sind es oft genau diese Unternehmen, die mit Rückblick und Weitblick, Ausdauer und einem starken Wertefundament ihren Kurs halten – oder sich rechtzeitig neu ausrichten. Aber ist das wirklich so selbstverständlich?

„Resilienz ist nicht vererbbar“ – diese Aussage hat erst kürzlich Dr. Thomas Urban getroffen. Als Gast in der von uns organisierten 22316_BOX, einer Online-Veranstaltung des DPRG Expertenkreises Corporate Resilience sprach der Privatdozent der Fakultät für Geschichte, Kunst- und Regionalwissenschaften der Universität Leipzig über seine Forschung zu Familienunternehmen und familialer Resilienz. Denn auch wenn Geschichte, Tradition und starke Familienwerte eine gute Grundlage bilden – Resilienz muss auch in Familienunternehmen aktiv gelebt und immer wieder neu entwickelt werden. Hier zwei beeindruckende Beispiele aus Deutschland.

Haniel: Vom Handelsriesen zum „Enkelfähig“-Investor

Franz Haniel & Cie. GmbH ist eines der bekanntesten deutschen Familienunternehmen – gegründet 1756 in Duisburg, bis heute in Familienhand. Über viele Jahrzehnte war Haniel ein klassischer Mischkonzern mit Beteiligungen wie Metro, CWS oder TAKKT. Doch irgendwann wurde klar: Das bisherige Modell ist so nicht mehr zukunftsfähig.

Statt sich auf alten Erfolgen auszuruhen, hat Haniel sich mutig neu aufgestellt. Unter dem Leitbild der „Enkelfähigkeit“ investiert das Unternehmen heute gezielt in Geschäftsmodelle, die ökonomisch erfolgreich und ökologisch sowie gesellschaftlich nachhaltig sind. Es geht um langfristige Wertschöpfung – nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung – so sagt es die Website.

Dieser Wandel war kein Selbstläufer. Er bedeutete strategische Neuausrichtung, den schmerzhaften Verkauf langjähriger Beteiligungen und den Aufbau neuer Investitionslogiken. Aber genau dieser Schritt zeigt: Resilienz heißt nicht, starr durchzuhalten – sondern sich anzupassen und weiterzuentwickeln.

Puky: Kinderräder mit Haltung

Puky ist eine echte Institution in vielen Kindheiten. Das Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen steht seit über 70 Jahren für sichere, stabile und langlebige Kinderfahrzeuge – vom klassischen Roller bis zum modernen Laufrad. Doch auch Puky spürte den Wandel: Globalisierung, Billigimporte, verändertes Kaufverhalten durch Onlinehandel – all das machte der Branche zu schaffen.

Statt sich aber über Preisdruck zu beklagen, setzte Puky auf Qualität, Innovation und emotionale Markenbindung. Das Unternehmen investierte in neue Produkte, eine überarbeitete Markenstrategie und einen modernen Onlineauftritt. Gleichzeitig wurde das Traditionsbewusstsein nicht über Bord geworfen – sondern bewusst gepflegt: Made in Germany, langlebige Produkte, nachhaltige Materialien.

Hier zeigt sich: Resilienz ist nicht nur eine Frage der Strategie, sondern auch der Haltung. Survive and prosper!

Resilienz braucht aktives Familienengagement

Was beide Unternehmen gemeinsam haben: Eine Familie, die in Resilienz investiert. Mit organisationaler, familialer und individualer Resilienz können in Familienunternehmen drei verschiedene Dimensionen von Krisenfestigkeit aufeinander wirken. Damit Organisationen und die in ihnen verknüpften sozialen Systeme – Familie und Unternehmen – Krisen bewältigen können, kommt es entscheidend auf familiale Resilienz an.

Dabei ist familiare Resilienz – anders als Vermögen – leider nicht vererbbar. Sie muss, wenn sie gewollt ist, von Generation zu Generation neu „erzeugt“ werden. Familiare Resilienz setzt immaterielle Ressourcen wie z.B. Glaubenssätze und eine oft unterschätzte Sensibilität für Zeit voraus. Letztere kommt bereits im generationsübergreifenden Denken und Handeln zum Ausdruck. Zusammenhalt, Identifikation mit dem Unternehmen und der Glaube an eine erfolgreiche Fortsetzung des gemeinsamen Weges sind von hoher Bedeutung. Ähnliches trifft auf Gremien als Plattformen von Austausch, Willensbildung und Entscheidungsfindung zu. Vertrauen – in Organisationen, in Kompetenzen und zwischen Personen – ist als Schlüsselressource für Resilienz anzusehen.

7 Fragen für Resilienz in Familienunternehmen

Sieben Fragen gibt Dr. Thomas Urban Familienunternehmen an die Hand, wenn es um die Status-Quo-Ermittlung familialer Resilienz geht – siehe auch seinen Fachbeitrag:

  1. Welche Ressourcen haben wir – und wie bewusst nutzen wir sie?

  2. Wofür stehen wir als Familie – und was verbindet uns mit dem Unternehmen?

  3. Wie stark ist das Vertrauen – in Menschen, Kompetenzen und Strukturen?

  4. Welche Organisationsform stärkt unsere Resilienz – und wie handlungsfähig sind unsere Gremien?

  5. Verfügen wir über Gesellschafterkompetenz – und handeln wir im Sinne des Ganzen?

  6. Was können wir aus der Krisenbewältigung früherer Generationen lernen?

  7. Ist unsere familiäre Einbindung ins Unternehmen noch zukunftsfähig – Chance oder Risiko?

Wissen über die Familie, über ihren Umgang mit Krisen – von denen es immer schon genug gab, nicht erst mit Trump & Co. – können im Hier und Jetzt helfen. „Unsere Familie hat in den Jahrhunderten schon ganz andere Dinge geschafft.“

Weder Haniel noch Puky sind resilient, weil sie Familienunternehmen sind. Sie sind resilient, weil sie sich dafür entschieden haben.

Jana Meißner Resilienz-Expertin
Autor

Jana Meißner

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