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Erfolgsfaktor: Business Continuity Management

Damit ein Unternehmen am Markt erfolgreich ist, reicht heute nicht mehr nur ein gutes Produkt. Digitale Reputation ist das Zauberwort. Doch was, wenn wie beim Handelsgiganten Metro eine Cyber-Attacke die IT-Infrastruktur lahmlegt?

Nicht erst im digitalen Zeitalter versuchen Unternehmen einen Wettbewerber mit bewusst platzierten Gerüchten vom Markt zu verdrängen. Den Ruf des Anderen zu schädigen ist eine alte Methode. Da wäre etwa die Brauereigruppe Warsteiner oder der Softwareentwickler Microsoft. Beide Unternehmen sahen sich vor Jahren mit dem Vorwurf, von Scientology unterwandert zu sein, konfrontiert. Die Folge für Warsteiner: Der Bierausstoß ging merklich zurück. Was der Auslöser für die 1994 gestreuten Gerüchte war, konnte nie aufgeklärt werden. Die Geschäftsführung geht jedoch bis heute von einer Rufmordkampagne aus.

In den 1990er Jahren steckte das Internet jedoch noch in den Kinderschuhen. Es hatte für den Erfolg eines Unternehmens nahezu keine Relevanz. Gerüchte verbreiteten sich damals über Mund-zu-Mund-Propaganda und konnten nur mit großem Aufwand gestreut werden. Es brauchte zudem die richtigen Multiplikatoren, damit es sich dauerhaft hielt. Und heute? In einer vernetzten Welt sind Angriffe auf die digitale Reputation eines Unternehmens deutlich einfacher und fast ohne Risiken möglich. Die Cyberangriffe auf die Industrie- und Handelskammern (IHK) und das Handelsunternehmen Metro sind aktuelle Beispiele aus den letzten Monaten.

Angriffe bleiben oft unbemerkt, schaden der digitalen Reputation aber enorm

Das Trügerische an vielen Angriffen auf die digitale Reputation ist, dass sie viel zu lange unbemerkt bleiben. Über soziale Netzwerke und Bewertungen auf Online-Portalen verbreitet sich der Ruf eines Unternehmens im Netz. Wer sich etwa ein neues Smartphone oder Tablet kaufen möchte, checkt vorher die Meinungen Anderer zu diesem Produkt. Fallen sie positiv aus, kauft der potenzielle Kunde das Gerät ebenfalls. Berichten andere Käufer jedoch von negativen Erfahrungen, zieht der Konsument viel schneller einen anderen Hersteller in Betracht. Durch Bewertungen werden Kaufentscheidungen maßgeblich beeinflusst – ob sie nun stimmen, oder auch nicht.

Genau hier beginnt das Problem. Denn was ist, wenn die Bewertungen nicht stimmen? Was ist, wenn sie von einem Wettbewerber absichtlich gestreut wurden, um der digitalen Reputation des Konkurrenten zu schaden? Feststellen lässt sich das nur sehr schwer. Der Kommunikationsberater Giovanni Bruno spricht in seinem Beitrag für das von Annika Schach und mir herausgegebene und im Springer Gabler Verlag erschienene Buch „Professionelle Krisenkommunikation. Basiswissen, Impulse und Handlungsempfehlungen in der Praxis“ in diesem Zusammenhang vom fiktiven Szenario Mafioso 4.0. Der Beitrag trägt den Titel: „Digitaler Angriff auf die Reputation. Social Bots, Trolle und Co.: Reale Online-Gefahr in der crossmedialen Cyberwelt.“

Das Szenario Mafioso 4.0

Mafioso 4.0 ist „ausgestattet mit enormer krimineller Energie und ausreichend finanziellem Budget und will seinen Konkurrenten aus dem Wettbewerb werfen. Er rollt eine Digitalstrategie aus, die dem betroffenen Unternehmen erst auffällt, als die Attacken bereits in vollem Gang sind“, schreibt Bruno (Bruno 2019, S. 105). Der Mafioso 4.0 stellt somit eine große Gefahr da. Seine Angriffe sind nicht vorhersehbar, perfide und unternehmensseitig nur mit großem Aufwand abzuwehren – und letzteres kann auch nur dann gelingen, wenn überhaupt ein Verständnis für die heute nicht nur möglichen, sondern längst in Umsetzung befindlichen, kriminellen Strategien vorhanden ist.

Digitale Reputation: Die 6 Angriffswege des Mafioso 4.0

Giovanni Bruno beschreibt in seinem Beitrag die 6 Angriffswege, die sich der Mafioso 4.0 zunutze macht, um seinem Wettbewerber massiv zu schaden und möglicherweise sogar seine Existenz zu gefährden.

  • Angriffsweg 1: Trolle und Sockenpuppen
    „Der Mafioso 4.0 könnte Trolle und Sockenpuppen, also echte, gekaufte Nutzer-Accounts, damit beauftragen, aktiv und gezielt Angriffe auf die digitale Reputation seines Wettbewerbers zu verüben“, so Bruno (Bruno 2019, S. 106). Als Angriffsfläche nutzt er dafür in erster Linie die Kommunikationskanäle des Unternehmens, wie etwa Blogs und Social-Media-Kanäle. Sein Angriff richtet sich gegebenenfalls auch auf Bewertungs- und Vergleichsportale.
  • Angriffsweg 2: Algorithmen und Bots
    Bei diesem Angriffsweg setzt der Mafioso 4.0 nicht auf echte Menschen, sondern auf die Unterstützung von Maschinen. „Letztendlich handelt es sich dabei um automatisierte Social-Media-Konten, die mit anderen Benutzern agieren. Die Wirkung der Bots entsteht durch die immense Anzahl der Accounts.“ So schafft es der Mafioso 4.0 die Community zu durchmischen und die digitale Reputation eines Unternehmens in kürzester Zeit zu ruinieren.
  • Angriffsweg 3: Infiltration nach Schneeballprinzip
    Dieser Angriffsweg ist besonders perfide. Der Mafioso 4.0 infiltriert mit Fake-Accounts zunächst alle Social-Media-Kanäle des Unternehmens, sprich, er platziert „schlafende Hunde“, um sie dann zu wecken. Dazu Bruno: „Im nächsten Schritt beginnen die Mafioso-eigenen Fans, Postings des betroffenen Unternehmens zu hinterfragen, gerne mit konstruktiver Kritik.“ (Bruno 2019, S. 110) Finden sie damit Anklang bei den echten Fans, setzt sich eine Negativspirale in Gang.
  • Angriffsweg 4: Ranking-Absturz durch negativ indexierte Backlinks
    Bei einem Ranking geht es um die Platzierung des Unternehmens auf den Seiten einer Suchmaschine wie Google. Je weiter oben ein Unternehmen steht, desto besser. Doch auch hier greift der Mafioso 4.0 ein. „Es werden Backlinks von Pornoseiten und anderen Websites gesetzt, die das eigene Ranking zerstören.“ (Bruno 2019, S. 111). Dieses Vorgehen kann sogar dazu führen, dass besagtes Unternehmen bei Google nicht mehr zu finden ist.
  • Angriffsweg 5: Negativ-Beiträge auf Klon-Webseiten
    „Der Mafioso 4.0 entscheidet sich für den Nachbau branchenrelevanter Portale sowie Produkttest- und Vergleichsseiten und erzeugt auch neue Produkttest- und Vergleichsseiten mit Inhalten, die denen bestehender Portale ähnlich sind.“ (Bruno 2019, S. 111). Doch selbst wenn das Produkt auf der originalen Seite positiv bewertet wurde, ist davon jetzt nichts mehr zu lesen. Nun wird das Produkt negativ eingestuft und über etwaigen Risiken aufgeklärt.
  • Angriffsweg 6: DDOS-Attacken und Mail-Spammings
    „Schließlich rollt der Mafioso 4.0 DDOS-Attacken und Mail-Spammings aus. Bei DDOS-Attacken handelt es sich um die durch Überlastung aktiv verursachte Nichtverfügbarkeit eines Internet-Dienstes.“ (Stefano Albrecht 2005). Gleichzeitig überlastet er die Postfächer von Empfängern. Das Resultat sind millionenfache Seitenaufrufe unter dessen Wucht die Website eines Unternehmens zusammenbricht und längere Zeit nicht für Kunden verfügbar ist.

8 Maßnahmen gegen digitale Angriffe

Was kann ich nun tun, damit meine digitale Reputation im Netz nicht angegriffen wird? Diese Frage stellen sich im digitalen Zeitalter immer mehr Unternehmenslenker. Gefeit sind vor Attacken dieser Art nämlich weder Global Player, noch Mittelständler. Kommunikationsberater Giovanni Bruno empfiehlt in seinem Springer Gabler Beitrag 8 Maßnahmen:

Maßnahme 1: aktives, medienübergreifendes Monitoring betreiben

Maßnahme 2: SEO-Software zur Eliminierung von Backlinks nutzen

Maßnahme 3: Ursprung von Fake-Accounts, Trollen, Sockenpuppen und Bots eruieren

Maßnahme 4: Belegte Reputationsangriffe öffentlich kommunizieren

Maßnahme 5: Klon-Webseiten und Inhalte von den Suchmaschinen de-indexieren lassen

Maßnahme 6: Vorhandene Community mit ins Boot holen

Maßnahme 7: Mit der Öffentlichkeit in den aktiven Dialog treten

Maßnahme 8: Strategische Kooperation von IT-Defence und Unternehmenskommunikation organisieren

 

Das Interview zum Autorenbeitrag gibt es hier auf YouTube.

Der Fachbeitrag „Digitaler Angriff auf die Reputation. Social Bots, Trolle und Co.: Reale Online-Gefahr in der crossmedialen Cyberwelt“ von Giovanni Bruno ist wie folgt erhältlich:

  • als Softcover im deutschen Buchhandel, auf Amazon & Co.: Bruno, Giovanni. 2019. Digitaler Angriff auf die Reputation. Social Bots, Trolle und Co.: Reale Online-Gefahr in der crossmedialen Cyberwelt. In Professionelle Krisenkommunikation. Basiswissen, Impulse und Handlungsempfehlungen für die Praxis, Hrsg. Jana Meißner und Annika Schach, 105 – 115. Wiesbaden: Springer Gabler

 

Quellenangaben zum Blogbeitrag „Digitale Reputation: Diese 6 Angriffswege stürzen Unternehmen in die Krise“:

Albrecht, Stefano. 2005. DoS-Angriffe. Netzwerksicherheit. http://www.highgames.com/?set=hardwareview&view=8. Zugegriffen: 20.12.2018.

Bruno, Giovanni. 2019. Digitaler Angriff auf die Reputation. Social Bots, Trolle und Co.: Reale Online-Gefahr in der crossmedialen Cyberwelt. In Professionelle Krisenkommunikation. Basiswissen, Impulse und Handlungsempfehlungen für die Praxis, Hrsg. Jana Meißner und Annika Schach, 105 – 115. Wiesbaden: Springer Gabler

 

Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag ist zuerst am 26. August 2019 auf www.meissner-communications.com erschienen und wurde aktualisiert.

Jana Meißner Resilienz-Expertin
Autor

Jana Meißner

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