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Erfolgsfaktor Mut: Mit risikoreichen Situationen umgehen zu können, macht den Unterschied

Mut ist schwer messbar. Und doch ist sich die Wissenschaft einig: Wer als Unternehmer:in mutig ist, hat gleich zwei entscheidende Vorteile.

Das Thema Mut ist komplex. Noch immer ist die Verhaltenseigenschaft in der Fachliteratur nicht einheitlich definiert. Aus persönlichen Erfahrungen können wir mutige Taten benennen, dennoch können die Situationen individuell stark variieren. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass wir risikoreiche Situationen unterschiedlich einschätzen und zudem kulturell vorgeprägt sind, in welcher Weise wir Mut begreifen. Worüber man sich in der Psychologie einig sein kann, ist, dass Mut als ein Merkmal klassifiziert wird, das im Umgang mit schwierigen Situationen in Erscheinung tritt.[1] Wer mutig ist, verfolgt ein Ziel und nimmt in Kauf, mit einem Widerstand konfrontiert zu werden.[2] Somit besitzen mutige Situationen immer ein Schlupfloch, um frei handeln zu können, und die Aussicht auf einen Erfolg, der auch anderen Menschen guttut.[3]

Warum wir nicht über Ängste sprechen müssen

Mut ist folglich in erster Linie situativ und braucht mindestens zwei Personen, um als solcher erkennbar zu sein. Für viele Menschen wird Mut automatisch mit Angst assoziiert. Warum dies nicht zielführend ist, zeigt folgende Studie. In einem Laborexperiment wurden zwei Personengruppen mit einer stressauslösenden Situation konfrontiert. Während die Kontrollgruppe aus normalen Menschen bestand, zählten zu der Experimentalgruppe ausschließlich Personen, die in ihrer beruflichen Tätigkeit Bomben entschärfen. Mit mehreren Tests konnte festgestellt werden, dass diese Gruppe weniger körperliche Anzeichen von Angst im Vergleich zur Kontrollgruppe aufwies.[4] Demnach kann eine mutige Handlung zwar Angst mit sich bringen, ihre Abwesenheit muss im Umkehrschluss aber nicht bedeuten, dass die Tat als weniger mutig gilt.

Die Grundzutaten für mehr Lebenszufriedenheit

Es lohnt sich, die Perspektive zu wechseln und sein Hauptaugenmerk auf die Ressourcen zu legen, die in mutigen Situationen von Nöten sind. Diesen Fokus nimmt die Positive Psychologie ein, die gleichzeitig die Grundlage für Resilienz bildet.[5] [6] Wenn man zu Mut im Arbeitskontext recherchiert, stößt man immer wieder auf den Begriff PsyCap. Frei übersetzt ist hiermit das individuelle Vermögen gemeint, um erfolgreich mit risikoreichen Situationen umgehen zu können. Bestandteile von PsyCap sind Selbstvertrauen, Optimismus, Hoffnung und Resilienz.[7] In Studien konnte bewiesen werden, dass PsyCap in der Summe effektiver ist als in der separaten Anwendung seiner einzelnen Bestandteile. Eine Umfrage unter Unternehmer:innen hat zudem ergeben, dass Menschen mit einem höheren PsyCap stressresistenter sind als die Durchschnittsbevölkerung.[8] Zudem gilt PsyCap als Schlüssel zwischen Mut im Unternehmenskontext und der eigenen Lebenszufriedenheit.[9]

MUT-Management oder How to MUT als Unternehmer:in

Wer bei Unternehmer:innen nur an ökonomischen Erfolg als Motivator denkt, liegt also falsch. Wer langlebig ein Unternehmen führen will, sollte in schwierigen Situationen Mut beweisen können. Know-how und Macht bringen wenig, wenn in entscheidenden Momenten nicht das Ruder in die Hand genommen wird. Als Führungskraft steht man in der Verantwortung, seinem Team ein Mut-Umfeld aufzubauen und dieses zu stärken. Dazu zählt unter anderem auch, Ängste als menschliche Emotion anzuerkennen. Wenn Mut Teil des Unternehmens ist, wird Mut auch Teil der Mitarbeitenden.[10] Menschen, die ihrem Team vertrauen, fühlen sich sicherer, Risiken einzugehen und Neues auszuprobieren.[11] Mut ist somit Kern einer modernen Management-Praxis und sollte praktiziert werden, um das Unternehmen voranzubringen und zukunftsfähig zu machen.[12]

 

[1] Şen und Mert 2020.
[2] Peterson und Seligman 2004.
[3] Rate et al. 2007.
[4] Cox et al. 1983.
[5] Peterson und Seligman 2004.
[6] Brendtro et al. 2006.
[7] Bockorny und Youssef-Morgan 2019.
[8] Baron et al. 2016.
[9] Bockorny und Youssef-Morgan 2019.
[10] Şen und Mert 2020.
[11] Sinek 2015.
[12] Şen und Mert 2020.

Leonie Storek
Autorin

Leonie Storek

Literaturverzeichnis:

Baron, Robert A.; Franklin, Rebecca; Hmieleski, Keith (2016): Why Entrepreneurs Often Experience Low, Not High, Levels of Stress: The Joint Effects of Selection and Psychological Capital. In: Journal of Management 42 (3), S. 742–768.

Bockorny, Kristi; Youssef-Morgan, Carolyn M. (2019): Entrepreneurs‘ Courage, Psychological Capital, and Life Satisfaction. In: Frontiers in psychology 10, S. 789. DOI: 10.3389/fpsyg.2019.00789.

Brendtro, Larry; Brokenleg, Martin; Bockern, Steve (2006): The Circle of Courage and Positive Psychology. In: Reclaiming Children and Youth: The Journal of Strength-based Interventions 14.

Cox, D.; Hallam, R.; O’Connor, K.; Rachman, S. (1983): An experimental analysis of fearlessness and courage. In: British journal of psychology (London, England : 1953) 74 (Pt 1), S. 107–117. DOI: 10.1111/j.2044-8295.1983.tb01847.x.

Peterson, Christopher; Seligman, Martin E. P. (2004): Character strengths and virtues. A handbook and classification. Washington DC, New York: American Psychological Association; Oxford University Press.

Rate, Christopher R.; Clarke, Jennifer A.; Lindsay, Douglas R.; Sternberg, Robert J. (2007): Implicit theories of courage. In: The Journal of Positive Psychology 2 (2), S. 80–98. DOI: 10.1080/17439760701228755.

Şen, Cem; Mert, Ibrahim (2020): Courage Management: Courage as a Management Tool in „Social and Humanities Sciences: Theory, Current Researches, and New Trends“. In: Jayashree Sapra und Bhavya Kumar (Hg.): INTER-RELATION OF PSYCHOLOGICAL SAFETY, COURAGE AND VULNERNABILITY IN THE WORKPLACE (5), S. 160–183.

Sinek, Simon (2015): Leaders Eat Last: Why Some Teams Pull Together and Others Don’t. In: The Journal of Chiropractic Education 29 (2), S. 159–160.