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Erfolgsfaktor Mut: Warum Simone Gerwers mehr Mut von Führungskräften fordert

Würde Simone Gerwers Zöpfe tragen, so könnte sie problemlos als die Schwester von Pippi Langstrumpf durchgehen. Ihre roten Haare, ihr einnehmendes Lachen und ihre unangepasste Haltung zum Leben machen sie eigentlich zur perfekten Mitbewohnerin von Astrid Lindgrens Roman-Heldin in der Villa Kunterbunt. Doch anstatt mit ­Pippi Langstrumpf Abenteuer zu erleben, hat sie sich für eine Karriere als „Mutmacherin“ entschieden. Es ist die nächste Parallele zur Kunstfigur Pippi, die einem sofort durch den Kopf geht, wenn man Simone Gerwers erlebt. Die 58-Jährige arbeitet als Autorin, Unternehmens­beraterin und Coach. Den Fokus hat sie bei all ihrem Handeln auf das Thema Mut gelegt. Doch was bedeutet dieses große, aber irgendwie auch abstrakte Wort überhaupt? Gerwers klärt auf: „Mut heißt nicht, keine Angst zu haben. Mut heißt, trotz der Angst zu handeln.“ Weil es vielen Menschen aber doch sehr schwer fällt, ihre Angst zu überwinden und mutiger zu werden, hat sie genau darüber ein Buch geschrieben.

„Mut bedeutet nicht übermütig zu sein“

Simone Gerwers zuzuhören ist spannend und unterhaltsam zugleich. Immer wieder fallen wohldosiert Aussagen, die pointierter nicht sein könnten. So sagt Gerwers Sätze wie „Das hierarchische Führen hat keine Zukunft“, „Wenn wir eine Verwaltung sind, brauchen wir uns Mut nicht anschauen“ oder „Wir leben in einer Angstkultur“. Es sind Worte, die nahezu perfekt erscheinen, um die Schlagzeilen der Boulevardmedien zu füllen. Doch dann spricht sie weiter und ihre Begeisterung für das Neue, ihr Schaffensdrang und die Leidenschaft, Veränderung zu gestalten, sprühen quasi aus ihr heraus. Schnell wird einem klar, dass ihre Motivation nicht vom Mainstream angetrieben ist. Der ist ihr nämlich sowieso zuwider, wie sie selbst offen zugibt. „Ich bin schon rebellisch, denn ich komme ja aus der DDR. Ich habe da nichts Großes gemacht, aber ich habe mich nie dem Mainstream gefügt. Das ist mir immer schwer gefallen. Ich wollte selber denken und lieber einen Fehler machen, anstatt mit der Herde zu laufen“, erklärt sie.

Dass sie sich nun schon seit Jahren ausgerechnet mit dem Thema Mut beschäftigt, hält Gerwers keineswegs für einen Zufall. „Ich habe schon als Kind einen Automatismus entwickelt, um mich meinen Ängsten zu stellen“, erzählt sie. Nach der Trennung der Eltern habe ihr ihre Mutter große Stärke vorgelebt, indem sie neben ihrer Betreuung und der des Bruders auch noch beruflich Karriere gemacht habe. Für sie sei es seitdem immer nur darum gegangen, hinzufallen und wieder aufzustehen. „Für mich sind Probleme tatsächlich zum Lösen da. Das heißt nicht, dass ich manchmal nicht tief unten bin. Das geht aber immer nur über kurze Zeit und dann bin ich wieder in der Lösungsorientierung“, verrät sie.

Unternehmen rät Simone Gerwers derweil, sich von der vermeintlichen Sicherheit ein für alle Mal zu verabschieden. „Das ist ein irres Kopfding, denn diese Sicherheit gab es ja nie“, betont sie erneut und fügt hinzu: „Wenn wir in einer digitalisierten und globalen Welt mithalten wollen, dann müssen wir flexibler und mutiger sein.“ Damit dieser Schritt gelingen könne, brauche es aber eben genau jene unbequemen Führungskräfte, die den Status Quo in einem Unternehmen nicht einfach nur verwalten wollen, sondern dazu imstande seien, eine „Mutkultur“ zu entwickeln. „Mutkultur“? Simone Gerwers benutzt diesen Begriff immer dann, wenn ein Unternehmen dazu bereit ist, sich mit ihren sieben Mutquellen auseinanderzusetzen und einen Entwicklungsprozess einzuleiten. Oft scheitere dieser – wer hätte es gedacht – jedoch immer noch an der mangelnden Bereitschaft von Führungskräften.

„Ich bin nicht per se der mutigste Mensch“

Dabei ist sich die Autorin sehr wohl der Tatsache bewusst, wie schwer es sein kann, Mut zu entwickeln. „Ich bin immer dem Ruf meiner stärksten Angst gefolgt. Und ich habe immer wieder Angst. Ich bin nicht per se der mutigste Mensch“, gesteht Gerwers. Auf die Frage, wozu ihr selbst im Leben der Mut gefehlt habe, findet sie dennoch nicht sofort eine Antwort. Nach kurzem Überlegen sagt sie: „Was ich mich nicht getraut habe, ist, Schauspielerin zu werden. Meine Eltern wollten das nicht und ich dachte, ich könnte das später noch machen. Ich habe mich aber nie getraut, das weiterzudenken oder mich ernsthaft damit zu beschäftigen. Auch das ist eine Art der Mutlosigkeit.“ Simone Gerwers hatte aber auch noch einen anderen Traum. Sie wollte einen Ort der Begegnung schaffen, an dem Kultur und Lernen stattfinden sollte, am liebsten auf einem alten Bauernhof. „Ich hatte das vor 15 Jahren im Kopf und dachte, dass ein solches Projekt zu groß für mich ist. Und dann ist die Idee auf dem Weg verloren gegangen“, berichtet sie, ohne dabei wehmütig zu klingen. Man fragt sich trotzdem, was ihr ein rothaariges Mädchen geraten hätte, das mit einem Affen und einem Pferd in einem großen, bunten Haus zusammenlebt.

Info: Simone Gerwers war am 2. Juni 2021 Impulsgeberin zum Resilienz-­Erfolgs­faktor „MUT“ in der 22316_BOX, dem Online-Format des DPRG-­Arbeitskreises „Corporate Resilience“.

Simone Gerwers
wurde am 13. Juni 1963 in Ortrand geboren. Sie ist Diplom-Wirtschaftswissenschaftlerin und Sparringspartnerin für Management und Führung im Wandel. Seit über 12 Jahren begleitet sie Führungskräfte, Manager und Unternehmen in Veränderungsprozessen und steht ihnen beratend zur Seite. Gerwers hält zudem Vorträge, bloggt und podcastet zum Thema „Mut“.

Bilder:

Simone Gerwers, Manuela Engelking

Luca Cordes Redakteur und Autor
Autor

Luca Cordes