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Erfolgsfaktor: Krisenkommunikation

Wenn alles Rassismus ist, bleibt echter Rassismus unsichtbar.

„Palim, Palim“ – Kunde – meist aus der Kulturbranche – ruft an. Es gäbe da ein Rassismus-Thema am Haus. Die Medien würden schon berichten. Ob das tatsächlich Rassismus sei, möchte man von uns wissen. Und wie man damit jetzt umgehen sollte.

„Palim, Palim“ – Echter Rassismus? Empfundener Rassismus? Inszenierter Rassismus? Rassismus-Erregung a la Hallervordern? Wir schauen uns das an.

„Palim, Palim“ – Der Begriff wird ebenso inflationär genutzt wie das Wort Diskriminierung. Für die von echtem Rassismus und echter Diskriminierung Betroffenen – und das sind leider immer noch viel zu viele – ist das keine gute Entwicklung.

„Palim, Palim“ – Neueste Erregung: Der Sketch von Dieter Hallervorden in der Geburtstagssendung „75 Jahre ARD“ am Sonntag. Er führte die Nummer „Palim, Palim“ in abgewandelter Form erneut auf. Der 89-Jährige präsentierte sich als Straftäter, der wegen der Nutzung der Worte „Negerkuss“ und „Zigeunerschnitzel“ ins Gefängnis gekommen ist. Beide Begriffe fielen in der Primetime – und der Rassismusvorwurf gegen den Entertainer war pünktlich zum Start in die Woche wie zu erwarten da. Einordnung in den Kontext? Differenzierung? Maß und Mitte? Fehlanzeige!

„Palim, Palim“ – Wir sind als Beratungsunternehmen seit Jahren in der Kulturszene aktiv. Wir erleben regelmäßig, wie unsensibel und zunehmend unprofessionell Diskussionen und Berichterstattungen über Wörter im Kontext von Rassismus und Diskriminierung geführt werden.

„Palim, Palim“ – Es gibt zwei gern zitierte Rassismus-Definitionen. Eine von der Amadeu-Antonio-Stiftung und eine von der Bundeszentrale für politische Bildung. Beide führen als Kriterium die Abwertung eines Menschen im Kontext einer vermeintlich homogenen Gruppe auf. Beispielsweise Abwertungen aufgrund des Äußeren, des Namens, der Kultur, Herkunft und Religion.

„Palim, Palim“ – Wird jedes Wort, jede überspitzte Darstellung oder jede Satire sofort als rassistisch gebrandmarkt, so verwässert das nicht nur den Begriff selbst. Es nimmt auch den wirklich rassistischen und diskriminierenden Strukturen, Vorfällen und Haltungen die nötige und wichtige Aufmerksamkeit. So blieb es nahezu eine Randnotiz, dass am Montag in Duisburg 15 Gesamt- und zwei Sekundarschulen geschlossen blieben, weil Unbekannte eine „Säuberung“ angekündigt hatten. Eine mutmaßlich rassistische Drohung – medial kaum beachtet. Es ist schließlich einfacher, Hallervorden und seinen Sketch wie die sprichwörtliche Sau durchs Dorf zu treiben.

„Palim, Palim“ – Die Kulturorganisationen werden in diesem Erregungsmuster häufig zum Spielball von wirklich, vermeintlich oder angeblich Betroffenen, Medien und Politik. Wir helfen ihnen, die Dinge einzusortieren, denn wer selbst beteiligt ist, hat häufig nicht mehr den gebotenen Abstand zu den Dingen.

„Palim, Palim“ – Der Kampf gegen Rassismus braucht klare Begriffe, sachliche Analyse und vor allem keine künstliche Inszenierung. Auch deshalb sollte unsere Gesellschaft Satire wieder als das verstehen, was sie ist – ein Mittel zur Überzeichnung, zur Reibung, zur Diskussion. Satire ist Kunst, die gesellschaftliche Entwicklungen in humorvoller Weise aufs Korn nimmt.  Sie ist von der Kunstfreiheit gedeckt!

„Palim, Palim“ – Den Begriff Rassismus sollten wir nur dort einsetzen, wo er tatsächlich hingehört – nicht aus Bequemlichkeit, sondern aus Verantwortung.

„Palim, Palim“ – Während Hallervorden für seine Wortwahl öffentlich kritisiert wird, darf er vom „Stern“ übrigens gleichzeitig „ungestraft“ als „alt“ und „weiß“ betitelt werden. Mit Diskriminierung hat DAS natürlich nichts zu tun. Eine Doppelmoral, die nur schwer zu ertragen ist.

Jana Meißner Resilienz-Expertin
Autor

Jana Meißner

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